Annette Schmitt, Sportwissenschaftlerin M.A., leitet den Bereich „Rehabilitationssport“ beim TSG 1862 Weinheim. Dadurch kennt sie die Problematik „Schmerz und Sport“ oder auch „Sport und Schmerz“. Die gleichen Worte, aber doch mit unterschiedlicher Bedeutung! Dies machte Annette Schmitt auch gleich deutlich.
Bei „Schmerz und Sport“ sind die Teilnehmer Schmerzgeplagte, die aber dennoch Sport treiben wollen oder sollen.
Bei „Sport und Schmerz“ hingegen sind es Sportler, die meist Leistungssport betreiben und die beim Sport auch den einen oder anderen Schmerz empfinden. Sie gehen beim Sport an die Grenzen der Leistungsfähigkeit oder sogar darüber hinaus. Hier dient der Schmerz als Schutzfunktion für den Körper gegen die Überlastung.
Die Zuhörer des aktuellen Vortrags gehören der ersten Gruppe an: es sind Menschen mit chronischen Schmerzen, die aber dennoch (leichten) Sport treiben sollen bzw. möchten. Durch die Bewegung zusammen mit anderen Betroffenen fällt dies meist leichter. Der eine oder andere vergisst auch ab und an mal für kurze Zeit seinen Schmerz. Meist sind die gesundheitlich Angeschlagenen im Reha-Sport aktiv bzw. haben ihre (neuen) Bewegungen im Reha-Sport erlernt.
Wichtig ist hier aber immer, dass sich der Schmerzgeplagte vorab mit einem ausgebildeten Trainer und evtl. seinem behandelnden Arzt über die Fragestellungen klar wird:
In Bezug auf Schmerz:
In Bezug auf Sport ist abzuwägen:
Auch auf die Verzahnung von Sportwissenschaft und Schmerz ging Annette Schmitt ein. Hier wird der Schmerz u.a. gesehen mit den Worten „… das Urphänomen „Schmerz“ ist uns in die Wiege gelegt, um uns vor uns selbst und vor allem auf uns lauernde Gefahren bis hin zum Tode zu warnen …“. Dies bezieht sich voll auf die Problematik im Leistungssport. Hier wollen die Sportler ein Weg über die Schmerzschwelle finden. Im Fall von chronischen Schmerzen trifft dies nicht zu. Im Gegenteil: hier kann die gemäßigte Bewegung sogar teilweise raus aus dem Schmerz führen!
Schmerzen im bzw. durch Sport kann entstehen durch:Sauerstoffmangel, Durchblutungsstörungen
Im 2. Abschnitt ging Annette Schmitt auf die Wirkungsweise von Sport und Schmerz ein. Dabei ist die Wirkungsweise genau gegengleich. Sie ging auf die Punkte:
Somit ist beim Sport immer auf den Gleichklang zwischen Körper, Geist und Seele zu achten.
Durch den chronischen Schmerz büßt der Patient nicht nur individuell in seiner Lebensqualität ein, auch volkswirtschaftlich entsteht ein Schaden. Durch Behandlungen, Produktivitätseinbußen und Lohnfortzahlung / Krankengeld entstehen enorme Kosten.
Als 3. Kapitel ging Annette Schmitt auf die Dimensionen vom Schmerzen ein. Hier insbesondere auf die Schmerzentstehung, Schmerzleitung, Schmerzmodulierung und Schmerzart bzw. Schmerzbeschreibung. Insbesondere bei der Schmerzmodulierung zeigte sie auf, dass Schmerzzustände für den Körper erlernbar sind und dass wiederholt auftretende Schmerzen ein intensiveres und längeres Schmerzempfinden bewirken. Dadurch wird die Schmerzschwelle herabgesetzt. Daher ist die frühe und ausreichende Bekämpfung notwendig!
Bei den Schmerzarten sind folgende zu unterscheiden:
Die weitere Unterscheidung liegt in der Dimension akut oder chronisch:
In der modernen Schmerztherapie / Schmerzbehandlung ist der Sport bzw. die Bewegungstherapie einer der Behandlungspfeiler. Hier entsteht ein individuelles Behandlungskonzept unter Einbeziehung von Psycho- und Physiotherapie, Pharmakologie, Anästhesie und Bewegungstherapie.
Zusammenfassend kam Annette Schmitt zum Ergebnis, dass immer individuell ein Sportkonzept entwickelt werden sollte. Dies geschieht in der Abstimmung des Patienten mit seinem Arzt und einem Sportwissenschaftler/Reha-Trainer. Unter Berücksichtigung der vorab genannten Punkte ist für fast Jeden was zu finden.
So stellte Annette Schmitt noch 2 Forderungen auf:
Fazit: Sport kann Schmerz lindern – richtig ausgewählt, ausgeübt und dosiert! Denn 80 % aller chronischen Schmerzen sind in irgendeiner Form mit dem Bewegungsapparat verbunden!
Zu beachten ist beim Sport und bei der Bewegung mit Schmerzen:
Zum Ende des Vortrages zeigte Annette Schmitt noch für welche Problembereiche, welche Sportarten denkbar sind. Hier ist die individuelle Klärung zwischen Trainer und Patient unerlässlich und es ist auch während des Trainings immer wieder auf Veränderungen zu achten.
Nach diesen Ausführungen war noch ausführlich Zeit für Fragen die noch nicht während des Vortrages angesprochen wurden. Insbesondere das Thema „Reha-Sport“ nahm dabei ein breites Feld ein.
Danach blieb Carmen Maier in Vertretung der Selbsthilfegruppen und Gastzuhörern ein DANKE für diese vielen und wissenswerten Informationen zu sagen.